18. und 19.04.2011 Lord of Earthquake Procession, Cuzco – Puno
19 04 201118. und 19.04.2011
Da die Busfahrt mit Schlafmangel auf zwei Tagen einen gemacht hat, hier beide Tage in einem Abwasch.
Erstmal steht wieder ein bisschen orgnisierei an. Für Bolivien will ich US Dollars haben (in Copacabana soll es keine Geldautomaten geben), außerdem mss ich meinen Kulturbeutel ein wenig affüllen. Garnicht so leicht ist es Haarschampoo aufzutreiben, dass rucksacktauglich ist. Meist gibt es nur die Familienpackung Schampoo. Aber ich werde dennoch fündig. Außerdem drucke ich jetzt mal mein Rückflugticket aus. Könnte die nächsten Grenzübergänge erleichtern.
Dann verbringe ich viel Zeit vorm Computer und gucke mir die Onlineserie; „Die Snobs – sie können auch ohne dich“ auf ulmen.tv an. Lidenstraße klappt leider nicht. Ich bin mit zwei Folgen im Verzug. Schändlich, aber ohne entsprechende Verbindgung geht es einfach nicht. Für Bolivien habe ich wenig Hoffnung, dass sich die Lage verbessert. Zum TV gucken habe ich sogar eine Tüte Haribo auftreiben können.
Cusco befindet sich heute im Ausnahmezustand. Es findet eine beliebte Prozession statt. Vor einigen Jahren gab es in der Semana Santa ein Erdbeben, welches unter anderem auch Kirchen zerstörrte. Durch ein Wunder wurde das Altarkreuz nicht beschädigt, Wunder sind ja immer ein netter Anlass die Gemeinde zusammen zu rufen. Das tut die katholische Kirche seitdem auch sehr erfolgreich. Die Stadt ist rappelvoll. Gabriella und ich wollen auch am Wunder teilhaben. Einige sprechen von 100.000 Menschen. Ich denke das ist hoffnungslos übertriben. Aber es reicht!
Wir schauen uns das Spektakel kurz an. An einem Kirchenportal haben sich Menschen in schwindeleregender Höhe angeseilt um das Relikt mit Blumen zu bewerfen. Diverse Fernsehsender sind anwesend überall werden Palmzweige verkauft, natürlich ach alles andere was der Pilger braucht z.B. Popcorn, Lutscher und so weiter. Ich hatte das Spektakel unterschätzt, denn ich hab für den selben Tag ein Busticket nach Puno. Muss jedoch erst zur Reiseagentur mein Busticket abholen, dann ein Taxi erhaschen und zum Busterminal. Das alles mit vollem Gepäck. Das bedeutet einmal quer durch die Innenstadt und die ist voll verstopft. Meinen ersten Versuch breche ich ab und bringe die Sachen in den Aufbewahrungsraum des Hostels unter, in der Hoffnung, dass es später besser ist.
Aber zurück zur Prozession. Wie gesagt die Innenstadt ist voller Leute. Gabriella und ich haben uns einen guten Platzt gesichert. Das heisst ziemlich nah an der Kathedrale. Die Polizei trägt hübsche Uniform für diesen Anlasse und sichert alle Kirchen ab, denn wie immer sind in Peru die Kirchen geschlossen. Außerwählte Gemeindemitglieder ersetzten die Schweizer Garde, tragen einen roten Umhang und sorgen dafür, dass das Kreuz durch die Massen kommt. Was aber nicht allzu schwer zu sein scheint. Von Balkonen und Kirchenportalen wird das Kreuz mit Blüten beworfen. Mehr passiert nicht. Anschließend gibt es noch eine Segnung. Das Hauptspektakel!
Bis zum Hauptspektakel bleiben wir jedoch nicht. Ich will meinen Bus erwischen und als es immer voller wird kündigt Gabriella an, dass sie befürchtet eine Panikattacke zu bekommen. Der Rückweg gestaltet sich als schwierig, da es schwer ist einen Weg durch die Massen zu finden. Vor allem an Anfang, da die meisten Menschen dicht an dicht gedrängt stehen und sich nicht bewegen. Im hinteren Bereich des Plaza de Armas ist es leichter, da hier ein Gedränge wie auf einem Rockkonzert herrscht. Damit habe ich Erfahrung, außerdem kommt mir meine Größe zu Gute, denn die Masse hört auf Brusthöhe auf. Ich habe den Überblick. Wir kommen heil raus und gehen zum Hostel.
Aufrüsten für ein religiösen Massenauflauf. Women in Uniform. Kirchen bleiben geschlossen. Typisch für Peru.
Wer es nicht nach Cuzco schafft, dem bleibt noch die TV Übertragung.
Blumenwerfer am Kirchenportal. Unten die Garde von Cuzco (im roten Kittel).
Und dann kommt es endlich. Das Kreuz, dass das Erdbeben überlebt hat.
Im Hostel findet die nächste Feier statt. Irgendein jüdischer Feiertag und ein paar israelische Mädels haben gekocht und laden uns zum Essen ein. Sieht lecker und reichlich aus. Ich lehne jedoch ab, da ich keine Lust habe mit vollem Magen im Nachtbuss zu sitzen. Im Hostel kommt seit heute mal sowas wie ein Gemeinschaftsgefühl auf. Schade dass ich jetzt schon wieder verschwinden muss. Aber das ist Reisealltag.
Dann nehme ich mein Gepäck und meinen Mut zusammen. Verabschiede mich von Gabriella und kämpfe mich mit meinen zwei Rucksäcken durch die fromme Masse, die inzwischen nicht mehr ganz so dicht ist.
Nicht nur ich, sondern auch Willi, der Mensch bei dem ich das Busticket gekauft habe, hat die Prozession unterschätzt. Denn es ist kein Taxi zu bekommen. Er rennt mit mir durch die halbe Stadt. Schließlich bekomme ich dann doch ein inoffizielles Taxi, das mich sicher durch den Stau zum Terminal fährt.
Hier ist erstmal warten angesagt. Dann kommt der Bus. Jedoch nicht an der angekündigten Haltestelle 1 sondern an der Haltestelle 7. Das sorgt bei einigen Passagieren für reichlich Verwirrung. Auch das Personal beim Einchecken nicht wirklich gründlich vor. Ich gehe zu der mir zugewiesenen Sitzplatznummer 2. Oben vorne mit Panoramafenster und stelle fest, dort sitzt eine ältere Dame. Ich bin bereits der zweite der ihren Sitzplatz streitig machen will. Ein junger Peruaner besteht auf den Sitz Nummer 1. Abulita (Großmütterchen) ist jedoch hartnäckig und will sich die Sitzplätze nicht hergeben. Wie ein Rohrspatz schimpft sie über die unverschämte Jugend, die scheiss Touristen und überhaupt alle Gringos. Ich solle gefälligst meine Fahrkarte reservieren und die Schnauze halten. Ich will Abulita weder den Sitzplatz streitig machen, noch will ich mich mit ihr anlegen. Also reklamiere ich meine Karte. Ein Herr auf dem Schalter kommt und nimmt die Sache selbst in die Hand. Zunächst will mich der Einlasser nicht erneut in den Bus reinlassen, weil die Fahrkarte ja bereits entwertet ist. Wieder Diskussion aber ich komme rein. Die Angelegenheit wird geklärt. Abulita schreit zunächst auf den Menschen ein, den ich als Schlichter gerufen habe. Er besteht mit sämtlicher Autorität darauf, erneut die ihre Fahrkarte zu sehen. Dann wird die Sache geklärt. Abulita sitzt zwar auf dem richtigen Platz, jedoch im falschen Bus. So ganz versteht sie die Situation nicht, schimpft und prügelt mit der letzten ihr verbleibenden Kraft (nicht wirklich bedrohlich) auf mich, meinen Nachbarn und natürlich auch auf den Schlichter ein. Als sie draußen ist wird sie gleich von ihrer Tochter empfangen, die schon in heller Aufregung nach ihr gesucht habt. Ich sehe nur noch Drohgesten von Abulita und die Versuche ihrer Tochter die zu beruhigen.
Los geht’s Richtung Puno. Im Bus stinkt es. Endlich wieder ein Bus wie man sich ihn wünscht. Schluss mit erste Klasse Schickimicki. Kein Bett, sondern nur eine verranztes Halbett. Hier kommt mir meine Körpergröße mal wieder nicht zu gute. Es gelingt mir jedoch tief und fest zu schlafen. So fest, dass ich die Ankunft in Puno nicht mitbekomme. Ich verbleibe als letzter im Bus. Ankunft 5 Uhr morgens in Puno. Es fällt dem Personal auch erst auf, weil Matruscka noch einsam im Kofferraum liegen bleibt. Völlig verpennt geht’s dann in den Busterminal. Puno ist anders. Irgendwas fehlt. Genau! die Taxifahrer. Was ist los hier? Es dauert eine ganze Weile bis endlich mal ein Taxi kommt. Ich komme dann um 5:30 Uhr morgens im Hostel an. Alles ist dunkel, alles ist verrammelt. Dann macht doch noch einer auf, lässt mich rein, teilt mir mit, dass sie ausgebucht sein. Ich habe jedoch vorgebucht. Für heute. Jaja, es wird schon noch was frei. Auschecken ist um 11:00 Uhr. Solange wird mir gestattet auf dem gammeligen Sofa im Fensehraum zu nächtigen. Neben TV gibt es hier viele undichte Fenster und keine Decke. Es ist scheisse kalt. Aber es gelingt mir zu schlafen.
Kaum ist das Weib mit Rollkoffer weg, wird es wieder so wie man sich das Reisen mit Rucksack vorstellt. Irgendwann darf ich das 6 Bett Zimmer beziehen.
Nachdem ich mich ein wenig ausgeruht habe, mache ich einen Spaziergang durch Puno. Keine besonders schöne Stadt, aber mit Zugang zum Titicacasee. Mir wird ein gebührender Empfang bereitet, Passend nach dem Abschied von Gestern Abend wird mit einem entsprechenden Empfang in der neuen Stadt fortgesetzt (siehe unten). Sowas hatte ich bislang noch nicht auf meiner Reise. Der Tourismus hält sich hier sehr in Grenzen. Das Highlight hier sind die schwimmenden Schilfinseln. Werde ich wohl morgen machen, danach dann weiter nach Copacabana, was dann auf der bolivianischen Seite des Titicacasees liegt. Bei meinem Spaziergang habe ich zwei Begegnungen mit Einheimischen gehabt. Ein jüngerer männlicher Bettler (alkoholisiert oder auf Droge oder beides), der mich für verrückt erklärt, als ich ihm sage, dass ich weiter nach Bolivien will. Viel zu gefährlich, korrupt und so weiter. Ist mir nicht neu und im Moment erkenne ic vor allem eine gefahrenquelle, nämlich den Bettler. Dann noch mit einer älteren Straßenverkäufern, die sich zur Siesta neben mich setzt nachdem sie begriffen hat, dass ich nichts kaufen möchte. Diesmal mit der Begründung, dass ich in Peru schon genug gekauft habe. Dann kommen wir ins Gespräch. Ich habe mehr von Peru gesehen als sie. Sie sagt wiederum Bolivien soll schön sein. Aber auch hier kennt sie nicht wirklich viel. Als ich ihr sage, dass ich danach weiter Richtung Brasilien reise werde, möchte sie mitkommen. Zumidest scherzt sie darüber. Das zeigt aber wieder mal deutlich, dass wir Reisenden im absoluten Luxus leben. Teilweise bekommen Reisende mehr vom Land mit, kommen zumindest mehr herum, als viele Einheimische.
Da dies die letzten Tage in Peru sind, möchte ich noch einmal Ceviche essen gehen und habe Glück. Ich finde ein günstiges Restaurant wo ich zum Abschied nochmal mein Lieblingsessen serviert bekomme. Und zwar ein richtig gutes Ceviche.
Hier ein paar Bilder von Puno:
Monument über der Stadt.
Aussicht auf Puno mit Titicacasee im Hintergrund. Der höchste beschiffbare See der Welt (man achte daraf wie sehr man sich die Superlative herbeisehnt). Aufgenommen vom Monument.
Als ich vom Hügel herabsteige werde ich wie ein Staatsgast empfangen. So ist’s recht.
Immer schön den Gleichschritt halten. Okay, für mich hat man nicht die erste Garde ausgewählt. Aber ich nehme es den Jungs nicht krum.
Die Generäle kommen um mir die Hand schüttel zu dürfen.
Ein lustig gekleideter Straßenpolizist (kein Scherz, der Polizist ist echt) ist erfreut bei meiner Ankunft und sorgt afür, dass ich gefahrenlos die Straße passieren kann.